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Foto: Matthias Friel
Mit Recht lässt sich die Frühe Neuzeit als eine bewegende und gleichsam bewegte Epoche bezeichnen. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in zahllosen konfessionell motivierten Flucht- beziehungsweise Migrantenströmungen, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in Europa eingesetzt und einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf das kulturelle, soziale und wirtschaftliche Leben von Territorialstaaten und Städte im Heiligen Römischen Reich hatten. Zwar hatten sowohl der Augsburger Religionsfrieden (1555), als auch der Westfälische Frieden (1648) zu einer schrittweisen rechtlichen Gleichstellung von Katholiken und Protestanten beigetragen – von religiöser Toleranz im heutigen Verständnis war man freilich noch immer weit entfernt. So wie sich Angehörige verschiedener Glaubensgemeinschaften deshalb immer wieder gezwungen sahen, ihre Heimat zu verlassen, fanden sich auf der anderen Seite auch Landesherren, die ein Interesse daran hatten, Glaubensflüchtlinge („Exulanten“) bei sich aufzunehmen. Dabei spielten wirtschaftlich-demographische Aspekte eine ebensolche Rolle wie Motive christlicher Nächstenliebe. Gegenstand und Ziel des Seminars ist es, die systematische Ansiedlung („Peuplierung“) von Immigranten am Beispiel der Mark Brandenburg und anderen norddeutschen Territorien aufzuzeigen und nach spezifischen Beweggründen und Folgen der Aus- und Einwanderungsvorgänge zu fragen. Berlin und Potsdam als sich entwickelnde Residenzen der Hohenzollern, Altona bei Hamburg (seit 1601), Joachimsthal in der Uckermark (1604), Glückstadt an der Elbe (1619) und Friedrichstadt an der Eider (1621): Was all diese Städte gemeinsam hatten, weshalb die „Große Freiheit“ zunächst nichts mit sexueller Freizügigkeit zu tun hatte, weshalb Stadtneugründung und Neustadtgründung nicht dasselbe meint und was barocke „Planstädte“ mit „Idealstädten“ der Renaissance zu tun haben, darum soll es im Seminar gehen.
einführende Literatur z.B. Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.), Klar und lichtvoll wie eine Regel. Planstädte der Neuzeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Ausstellungskatalog, Karlsruhe 1990; Willi Stubenvoll, Die deutschen Hugenottenstädte. Frankfurt am Main 1990; Eckard Opitz, Religionsfreiheit und religiöse Toleranz. im Zeitalter konfessioneller Orthodoxie. Das Beispiel Schleswig-Holstein mit seinen religiösen Freistätten, in: Rainer Dieterich (Hg.), Freiheit und Kontingenz. Zur interdisziplinaren Anthropologie menschlicher Freiheiten und Bedingungen. Festschrift für Christian Walther, Heidelberg 1992, S. 187–218; Rainer Postel, Asyl und Emigration in der Frühen Neuzeit, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 83 (1997), S. 201–223; Kersten Krüger, Die Idealstadt der Frühen Neuzeit, in: Geschichte für heute. Zeitschrift für historisch-politische Bildung 8 (2015)/III, S. 12–28 [ausführlicher in: Frank Braun (Hg.), Städtesystem und Urbanisierung im Ostseeraum in der Frühen Neuzeit, Münster 2004, S. 11–47]; weitere Literatur wird im Seminar genannt.
Regelmäßige aktive Teilnahme an den Diskussionen; seminarbegleitende Lektüre von Forschungsliteratur und Quellen; Sitzungsleitung/Präsentation (keine Referate!); Hausarbeit (dazu Anfertigung von kleineren Übungen für das integrierte Tutorium).
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