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Foto: Matthias Friel
Für die historische romanische Sprachwissenschaft beginnt die Geschichte des Französischen, Italienischen und Spanischen als Schriftsprachen mit einer ‘initialen Pause’: Während fast des ganzen ersten Jahrtausends nach der Romanisierung des Imperiums gilt als Schriftsprache weiterhin das Lateinische, und die gesprochenen romanischen Idiome werden erst gegen Ende des 1. Jahrtausends – zunächst bei eher ‘zufälligen’ Anlässen – verschriftet. Erst etliche Jahrhunderte nach der Romanisierung lässt sich somit der Übergang vom gesprochenen Latein zum geschriebenen Romanischen nachweisen und in überlieferten Texten untersuchen.In dem Seminar sollen nach einer methodenbezogenen Einführung zum Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache in der romanischen Sprachgeschichte die ältesten überlieferten Texte der romanischen Sprachen – vor allem des Französischen, Italienischen und Spanischen – untersucht werden. Hierbei wird die Entstehungsgeschichte der Texte, deren sprachliche Strukturen, ihre Zwischenstellung zwischen dem gesprochenen Latein und der jeweiligen (heutigen) Schriftsprache ebenso bearbeitet werden wie die weitere Entwicklung von der Verschriftung der romanischen Sprachen zu ihrer ‘Verschriftsprachlichung’ in den weiteren Texten aus der Frühgeschichte der romanischen Schriftsprachen und ihrer ersten historischen Phase als Literatursprachen. Textphilologische Fragestellungen sollen vor allem bei der Untersuchung der ersten literarischen Texte im Vordergrund stehen. Fragen nach dem Verhältnis von Sprachgeschichte und Literaturgeschichte werden schließlich den Abschluss der Seminararbeit bilden.
Dringend empfohlene Lektüren zur Vorbereitung des Seminars:Tagliavini, Carlo (²1998): Einführung in die romanische Philologie, Tübingen: Francke, Kap. VII (= §§ 75–87).Varvaro, Alberto (1996): “Gemeinromanische Tendenzen XII. Literatursprachenbildung / Tendenze comuni alle lingue romanze XII. La formazione delle lingue letterarie”, in: Holtus, Günter/ Metzeltin, Michael/ Schmitt, Christian (Hgg.), Lexikon der Romanistischen Linguistik, Band II, 1: Latein und Romanisch. Historisch-vergl. Grammatik der romanischen Sprachen, Tübingen: Niemeyer, pp. 528–537.Stehl, Thomas (2011): “Regionale Sprachgemeinschaften und Sprachdynamik: Zwischen Kodifizierung und Schreibtradition”, in: Sandra Herling / Carolin Patzelt (Hgg.), Sprachkontakt, Sprachausbau und Verschriftungsproblematik: Aspekte der Normalisierung von Regionalsprachen in der Romania. [=Akten der gleichnamigen Sektion auf dem XXXI. Romanistentag in Bonn (27.09-1.10.2010)], München: Meidenbauer.Stehl, Thomas (2013): “Vom Dialekt zur Sprache, vom Diskurs zum Text: Oralität und Literalität in der Sprachgeschichte”, in: Sybille Große / Anja Hennemann / Kathleen Plötner / Stefanie Wagner (Eds.), Angewandte Linguistik. Linguistique appliquée. Zwischen Theorien, Konzepten und der Beschreibung sprachlicher Äußerungen. Entre théories, concepts et la description des expressions linguistiques, Frankfurt/Main: Lang, 135-148.
Sprachgeschichten:Brunot, Ferdinand (1901–1953): Histoire de la langue française des origines à nos jours [Nouvelle édition sous la direction de Gérald Antoine, Georges Gougenheim et Robert-Léon Wagner. Continuation par Gérald Antoine et Robert Martin], (14 tomes); T. 1: De l’époque latine à la Renaissance, Paris: Armand Colin.Migliorini, Bruno (1971): Storia della lingua italiana [Nuova edizione; prima ed.: 1960], Firenze: Sansoni.Lapesa, Rafael (1981): Historia de la lengua española, Madrid: Gredos.
Referat / Präsentation mit mind. sechsseitiger Tischvorlage
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