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Foto: Matthias Friel
Für weitere Informationen zum Kommentar, zur Literatur und zum Leistungsnachweis klicken Sie bitte oben auf den Link "Kommentar".Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) hat zeitlebens aus zahlreichen Sprachen übersetzt. Darunter befindet sich Weltliteratur aus dem Altgriechischen, Lateinischen, Englischen, Französischen und Italienischen. Auch die gleichsam ›einsprachige‹ Übersetzung, also die Bearbeitung von Dichtungen aus älteren deutschen Sprachstufen, hat er praktiziert, so zum Beispiel für seine politische Fabeldichtung ›Reineke Fuchs‹. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Goethe auch ein hochtalentierter Naturforscher war, dem ernstzunehmende Beobachtungen und Beschreibungen gelangen, so beispielsweise in der vergleichenden Anatomie und Botanik oder im Kontext seiner ›Farbenlehre‹. Goethe schöpfte dazu oftmals unmittelbar aus den klassischen Quellen. Er übersetzte also nicht nur aus großen Dichtern und Schriftstellern wie Homer, Horaz, Shakespeare, Voltaire oder Manzoni. Er übertrug oder bearbeitete auch Passagen aus den Werken berühmter Naturforscher, und zwar von Aristoteles und Platon über Johannes Kepler oder Isaac Newton bis zu Erasmus Darwin, dem Großvater von Charles Darwin. Für die literarische Übersetzung interessiert im Seminar vor allem die Makro-Ebene: Wie entspricht Goethe dem ›Geist‹ seiner Vorlage, etwa bei der Übersetzung eines religionskritischen Dramas über den Propheten Mohammed? Bei der naturwissenschaftlichen Übertragung dominiert die Mikro-Perspektive: Was steht wortwörtlich im Original? Was ist Anverwandlung, was zitierende Übernahme? Auch stand Goethe keineswegs allein, andere waren noch viel bessere Übersetzer, so z. B. Christoph Martin Wieland, August Wilhelm Schlegel, Ludwig Tieck oder Friedrich Rückert. Anhand praktischer Beispiele übersetzen die Seminarteilnehmer auch selber, um ihre Eindrücke und Ergebnisse im Plenum zu vergleichen.
Robert Charlier: Goethe als Übersetzer. Aspekte digitaler Quellenbearbeitung. In: Liber Amicorum. Katharina Mommsen zum 85. Geburtstag, hrsg. von Andreas und Paul Remmel. Bonn 2010, S. 93-105 [Steht ab sofort im Seminarordner in der Bereichsbibliothek zur Verfügung!] – Robert Charlier: (Artikel) Exokanonisierung. In: Ders.: Google statt Goethe? Kanonbildung im Zeitalter der Globalisierung. Aachen [Herzogenrath] 2013, S. 56.
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