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Max Scheler (1874-1928) hat die Phänomenologie nicht dualistisch verstanden. Daher konnte er bereits im menschlich-personalen Gefühlsleben Intentionalität und Reflexivität entdecken, die im Dualismus dem Geiste oder dem Verstande und der Vernunft vorbehalten schienen. Statt Gefühle auf physische Zustände und deren psychische Korrelate in Empfindungen zu reduzieren, ordnete er sie in sinnhaft ausgerichtete Gefühlsbewegungen ein, die auch rückbezüglich – von Anderen auf sich zurückkommend - erfahren werden können. „Geist“ hob für ihn in dieser „Grammatik des Gefühlslebens“ an, die gegenüber den Fehlalternativen (entweder Geistiges oder Materielles, entweder Physisches oder Psychisches) etwas Drittes, nämlich das Medium der Situierung von Personen in ihrer Lebensführung, darstelle. Auch die Grammatik der Umgangssprache lernt man nicht durch die selbstbewusste Anwendung von Regeln, deren Anwendung wieder erst durch Metaregeln ad infinitum zu regeln wäre, sondern exemplarisch, situativ, strukturell, funktional und sich selbst erfüllend, teils unbewusst, teils nur durch ein mitlaufendes Bewusstsein, teils durch eine gefühlte Reflexion durch Rücklauf vom Verhalten anderer auf sich selbst.
Diese grammatikähnliche Ordnung des Gefühlslebens wird in einer vertikalen (ontogenetischen) und in einer horizontalen Ebene so entworfen, dass die Ermöglichungsbedingungen und Ermöglichungsstrukturen bestimmter Gefühlsbewegungen in ihrem Zusammenhang verständlich werden können: Die „Fundierungsordnung“ liege so zwischen Liebe und Hass, zwischen Einsfühlen und Einfühlen einerseits und dem Miteinander- Fühlen und Mitfühlen andererseits, dem Sich- Schämen, dem Ressentiment, sofern man in einer ohnmächtigen Lage sei, etc.
Literatur (Auszüge aus):
Scheler, Max : Wesen und Formen der Sympathie (1923), in: Ders., Gesammelte Werke, Bd. 7, hrsg. v. Manfred S. Frings, Bern: Francke Verlag 1973 (oder als Einzelausgabe Bonn: Bouvier Verlag 1985)
Scheler, Max: Das Ressentiment im Aufbau der Moralen, in: Ders., Gesammelte Werke, Bd. 3, hrsg. v. Maria Scheler, Bern: Francke Verlag 1972 (oder als Einzelausgabe bei Klostermann: Frankfurt a. M. 1978)
Scheler, Max: Über Scham und Schamgefühl, in: Ders., Gesammelte Werke, Bd. 10 (=Schriften aus dem Nachlass, Bd. 1), Bern: Francke Verlag.
Scheler, Max: Ordo Amoris, in: Ders., Gesammelte Werke, Bd. 10 (=Schriften aus dem Nachlass, Bd. 1), Bonn: Bouvier 1986, S. 345-376.
Scheler, Max: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Werteethik, in: Ders., Gesammelte Werke, Bd. 2, Bern: Francke Verlag.
Sitzungsplan:
Die regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar ist notwendig, um das inhaltliche Ziel des Zusammenhangs der verschiedenen Gefühlsweisen zu erreichen. Es werden die für das Thema einschlägigen Texte von den Studierenden selbständig vorgestellt und diskutiert. Aus einem solchen Vortrag oder Kommentar wird in der Regel ein fünfseitiger Essay erstellt, in dem die behandelte Gefühlsart mit mindestens einer weiteren bis zum Ende der Lehrveranstaltung verglichen wird. Abweichungen von dieser Regel bedürfen der ausdrücklichen und vorherigen Absprache mit mir. Für diese Gesamtleistung werden 4 LP in PULS vergeben.
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