PULS
Foto: Matthias Friel
Für weitere Informationen zum Kommentar, zur Literatur und zum Leistungsnachweis klicken Sie bitte oben auf den Link "Kommentar".
Die sog. „Freiheitsschrift“ von 1809 ist Schellings meistgelesener, einflussreichster Text. Sie ist auch ein kontroverses Buch. Als ein Grundlagentext der klassischen deutschen Philosophie steht sie quer zu vielen Entwürfen der Zeit, etwa zu denjenigen Fichtes und Hegels. In der nicht sehr langen, aber überaus dicht verfassten „Freiheitsschrift“ entwirft Schelling eine komplexe Theorie individueller Freiheit, die im Verhältnis des Menschen zu Gott fundiert ist. Vereinfacht gesagt, besteht die Freiheit des Menschen nach Schelling darin, sich von Gott und dem Guten entfernen zu können. Diese Entfernung, die zugleich eine Zuwendung zum Bösen bedeutet, zeigt sich dann, wenn die Menschen ihre natürlich-triebhafte Seite nicht dem Verstand unterzuordnen, sie nicht rational zu beherrschen vermögen. Schelling zufolge können wir das Böse vor allem dadurch bewältigen, dass wir einer göttlichen Liebe Geltung verschaffen. Im 20. Jahrhundert hat u.a. Heidegger sich auf die „Freiheitsschrift“ bezogen und aus ihr wesentliche Impulse für sein eigenes Philosophieren bezogen. Auch wurden und werden Schellings Überlegungen in diesem Text immer wieder als eine Theorie des Unbewussten gelesen, die Elemente der Psychoanalyse Freuds und seiner Nachfolger/innen vorwegnehmen. – Wir werden uns Schellings Text in diesem Seminar argumentorientiert erarbeiten und kritisch diskutieren. Systematisch soll es dabei u.a. um die Frage gehen, inwieweit Schellings oft religiös konnotierte Überlegungen in der Sache als eine aufschlussreiche und säkular anschlussfähige Analyse des konflikthaften Verhältnisses zwischen der Freiheit und der Naturbedingtheit des Menschen interpretiert werden können.
Textgrundlage: F.W.J. Schelling, Über das Wesen der menschlichen Freiheit, hg. v. Thomas Buchheim, Meiner, Hamburg 2011.
© Copyright HISHochschul-Informations-System eG