PULS
Foto: Matthias Friel
Der Zusammenhalt einer Gesellschaft und das Gefühl der Zugehörigkeit sind zentral für die demokratische Verfassung eines Landes, für Wirtschaft, Kultur und individuelles Wohlergehen. Das haben uns die Krisen der letzten Jahre gelehrt und das zeigen uns die großen Herausforderungen der Defossilisierung, der Digitalisierung und des demografischen Wandels tagtäglich. Der russische Überfall auf die Ukraine, der Krieg im Nahen Osten und Konjunkturflauten verschärfen die Situation. Wie schwierig es ist, die gegenwärtige Lage politisch und zivilgesellschaftlich zu meistern, belegen nicht zuletzt die Wahlerfolge von AfD und BSW.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Solidarität beruhen auf gegenseitigem Vertrauen. Vertrauen ist etwas, das zwischen uns liegt, ein stetiges Geben und Nehmen. Es ist eine solide Hypothese über das wahrscheinliche Verhalten anderer, sagt Georg Simmel (1908)—der völlig Wissende braucht nicht zu vertrauen, der völlig Nichtwissende kann vernünftigerweise nicht einmal vertrauen. Trifft man auf andere Menschen, können sich unterschiedliche soziale Kreise überschneiden und man lernt einzuschätzen, wie andere Menschen reagieren werden. Vertrauen braucht Begegnung. Begegnung schafft Wissen. Ohne Interaktion mit anderen kann es keinen gesellschaftlichen Zusammenhalt geben.
Ziel des Lehrforschungsprojekts ist es, das Thema „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ in all seinen Facetten und im Hinblick auf all seine Entstehungs- und Zerfallsdeterminanten zu beleuchten, theoretisch und empirisch. Im ersten Teil des Lehrforschungssemesters liegt das Augenmerk insbesondere auf einem Vergleich verschiedener Theorien zur Erklärung von Solidarität und sozialem Zusammenhalt wie z.B. Theorien rationaler Handlungen (rational choice), soziale Austauschtheorien sowie normative und affektive Erklärungen für die Entstehung und die Aufrechterhaltung von Solidarität und Zusammenhalt. Außerdem lernen die Studierenden unterschiedliche methodische Herangehensweisen kennen, mit Hilfe derer sozialwissenschaftliche Forschung typischerweise Formen von Solidarität und des sozialen Zusammenhalts untersucht werden. Dabei sind sie angehalten auch erste kleinere Datenerhebungs- und Auswertungsschritte selbst durch zu führen.
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