PULS
Foto: Matthias Friel
Das Seminar nimmt sich eine prinzipielle Perspektivverschiebung vor: während in der Soziologie gemeinhin das soziale Handeln im Mittelpunkt steht – was tun Menschen? Was sagen sie? Wie sprechen sie? – soll im Mittelpunkt gerade das Nicht-Handeln, das Nicht-Sprechen, das Nicht-Sagbare stehen. Worüber schweigt die Gesellschaft? Was gilt als unsagbar? Welche Bereiche und Themen werden in ein Außen der Gesellschaft verlagert, wie gelingen diese Grenzziehungsprozesse, und was erzählen die Grenzen des Sagbaren über gesellschaftliches Selbstverständnis?
Zur Diskussion dieser Fragen soll der Begriff des Tabus soziologisch fruchtbar gemacht werden. Dazu wird in einem ersten Teil die Geschichte des Begriffs von der Kolonialzeit über die Psychoanalyse bis zur modernen Ethnologie, Anthropologie und Soziologie nachvollzogen. Im zweiten Teil soll eine soziologische Konzeptualisierung von Tabu und Tabuisierung anschließen. Zentrale Fragestellungen sind dabei: welche Macht- und Herrschaftsverhältnisse wirken in der Errichtung, Aufrechterhaltung und Überschreitung von Tabus? Welche institutionalisierten Formen der (Ent-)Tabuisierung gibt es? Welche Bereiche, Themen, Objekte, Personen werden wann von wem wie zum Tabu erklärt? Und welche Tabus kennen wir – die Seminarteilnehmer*innen – eigentlich? Ausgehend von Interessen können die konkreten Inhalte und Schwerpunkte des zweiten Teils von den Teilnehmer*innen selbst ausgewählt werden.
Allan, K. (Ed.) (2019): The Oxford Handbook of Taboo Words and Language. Oxford: Oxford University Press.
Douglas, M. (1988): Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Reinheit und Tabu. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.
Freud, S. (1961): Totem und Tabu. Frankfurt a.M.: Fischer.
Przyrembel, A. (2011): Verbote und Geheimnisse. Das Tabu und die Genese der europäischen Moderne. Frankfurt/New York: Campus.
Literatur wird auf moodle zur Verfügung gestellt.
Das Seminar findet online statt. Das Passwort zum Moodle-Kurs bekommen Sie nach der Belegung in PULS. Auf Moodle sind dann alle Informationen zum Ablauf und zu den Anforderungen zu finden.
Achtung: Sie bekommen am 24.4. eine Mail von mir, das Seminar geht ab da erst "richtig los". Es wird keine wöchentlichen Zoom-Sitzungen geben, so dass Sie sich nicht den ursprünglichen Seminartermin freihalten müssen. Wie wir im Laufe des Semesters miteinander kommunizieren wollen (Forum, Chat, virtual classrooms, Postkarte...), entscheiden wir innerhalb der ersten paar Wochen gemeinsam.
Das Seminar ist sowohl für MA- als auch für BA-Studierende geöffnet. Solide Grundkenntnisse in soziologischer Theorie werden vorausgesetzt.
Benoteter Leistungsnachweis (Modulprüfung) ist eine Hausarbeit (BA: 10-15 Seiten; MA: 15-25 Seiten).
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