PULS
Foto: Matthias Friel
Das Konzept des „Erinnerungsortes“ („lieux de mémoire“) verbindet sich mit dem Werk des französischen Historikers Pierre Nora. Mit dem Begriff wird umschrieben, daß sich das kollektive Gedächtnis einer zuvor definierten sozialen Gruppe – in unserem Falle: der Brandenburger – an bestimmten Orten kristallisiert. Der Begriff ‚Ort’ ist dabei nicht ausschließlich geographisch zu verstehen, sondern besitzt – als materieller oder immaterieller ‚Ort’ – eine besondere Symbolkraft, die für die jeweilige Gruppe eine identitätsstiftende Funktion hat, und zwar durchaus Generationen übergreifend. Das kollektive Gedächtnis wird durch Symbole und Zeichen wachgehalten und gleichermaßen an geographischen Orten und Personen(attributen) wie auch an Monumenten, Jahrestagen, Riten, Texten, Bildern und Praktiken, mithin eben an materiellen und immateriellen Erinnerungsorten festgemacht. Etienne François und Hagen Schulze definieren einen Erinnerungsort folgendermaßen: „Es handelt sich um langlebige, Generationen überdauernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität, die in gesellschaftliche, kulturelle und politische Üblichkeiten eingebunden sind und die sich in dem Maße verändern, in dem sich die Weise ihrer Wahrnehmung, Aneignung, Anwendung und Übertragung verändert.“ (Einleitung, in: Dies. (Hgg.), Deutsche Erinnerungsorte, Bd. 1, München 2001, S. 9–24, hier S. 18). Erinnerungsorte sind also kein starres, unveränderliches Konstrukt. Sie unterliegen im Gegenteil einer ständigen Überprüfung und einem ständigen Wandel, der sich parallel zu den Veränderungen der sozialen Gruppe, die die Erinnerung trägt, vollzieht. Bezogen auf das Verhältnis von Geschichte und Gedächtnis heißt das: Die Identität(en) einer sozialen Gruppe kann/können gleichermaßen über die Geschichte wie über unhistorische Erinnerungen zugänglich gemacht werden. So können Erinnerungen, die nicht mit den historischen Fakten übereinstimmen, trotz allem Teil des kollektiven Gedächtnisses und für den historischen Erkenntnisgewinn von großer Bedeutung sein. Jedenfalls verbinden sich Erinnerungen oft gerade nicht mit historischer Faktizität und schon gar nicht mit objektiver historischer Wahrheit.
Im Seminar (nach jetziger Planung in Präsenzformat!) werden exemplarisch einzelne brandenburgische Erinnerungsorte vorgestellt. Hierzu wird demnächst eine Liste vorgelegt, in die sich die Studierenden für einen Erinnerungsort entscheiden können. Es wird zu Beginn eine einleitende Zoom-Sitzung geben, und zwar am Mittwoch, den 21. April, um 18 Uhr. Ein Link für diese Einführungsveranstaltung wird an alle bei PULS für dieses Seminar eingetragenen Studierenden rechtzeitig versendet. Die Teilnahme an der Einführungsveranstaltung sowie an einer zweiten, noch terminlich gemeinsam festzulegenden online-Seminarsitzung ist obligatorisch für den Leistungsnachweis. Weitere Informationen erfolgen.
Etienne François/Hagen Schulze, Einleitung, in: Dies. (Hgg.), Deutsche Erinnerungsorte, Bd. 1, München 2001, S. 9–24; weitere Literatur wird im Seminar genannt.
Blockseminar (in Präsenzformat)
Sprechstunde: nach Vereinbarung
regelmäßige, aktive Teilnahme; ggf. Seminarleitung; Hausarbeit.
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