PULS
Foto: Matthias Friel
Rhetorisches Können war in der gr.-röm. Antike unverzichtbar zur Erlangung und erfolgreichen Wahrnehmung öffentlicher und militärischer Ämter. Vor Gericht waren präzise ausgearbeitete Reden zur Verteidigung oder Anklage elementar für den Erfolg im verhandelten Prozess. Somit ist es nur folgerichtig, dass der Unterweisung beim rhetor ein hoher Stellenwert in der Bildungsbiografie einer jungen, männlichen Oberschichtlers zugemessen wurde. Dabei musste der Schüler sich zunächst an Reden mit beratendem Charakter (suasoriae) versuchen, später an Gerichtsreden zu fingierten Fällen (controversiae). Letztere bildeten den „krönenden Abschluss” der rhetorischen Ausbildung. Aus heutiger Perspektive wirken die aufgebrachten Fälle – auf den ersten Blick – nicht selten irritierend, sind sie doch in einem anderen Wertesystem entstanden und bewusst so gestaltet, dass sie den Lernenden mit einem moralischen Dilemma präsentieren:
Dives adulescens abdicatos recipiebat et de suo alebat. Laesae rei publicae reus est.
Ein reicher junger Mann hat (andere) Verstoßene/Enterbte aufgenommen und aus seinem Besitz gespeist. Er wird des Hochverrats angeklagt.
(Decl. min. 260)
Im anstehenden Seminar werden wir eine Auswahl von Schul-Deklamation lesen und diese auf 1) ihren (rechts)historischen Quellenwert überprüfen, 2) ihre Funktion im Rahmen der Wertevermittlung und Sozialisierung eines werdenden Angehörigen der Oberschicht diskutieren und 3) Grundlagen der antiken Rhetorik erarbeiten.
Das Seminar findet in besonderer Form / nicht zu der angegebenen Zeit statt.
Zur Einführung: Knoch, Stefan: Die lateinische Deklamation. Baden-Baden, 2021.
Texte werden zur Verfügung gestellt. Weitere Literaturhinweise in der ersten Sitzung.
1 Sitzungsleitung, ggf Hausarbeit
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