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Foto: Matthias Friel
„Selva profética, selva enemiga! ¿Cuándo habrá de cumplirse tu predicción” – vor 100 Jahren veröffentliche José Eustasio Rivera diese Zeilen in seinem bahnbrechenden Buch „La vorágine”, das nicht nur als einer der wichtigsten Romane Kolumbiens gilt, sondern zugleich als Gründungswerk der lateinamerikanischen „novela de la selva”. In diesem und anderen Werken des „(Ur-)Waldromans” wird der dichte Wald in den Tiefländern des Amazonas und Orinoco als Hindernis eines vermeintlichen (westlichen) Fortschritts beschrieben und mit Metaphern wie „grüne Hölle”, „Gefängnis” oder „Abgrund” bedacht. Diese Zuschreibungen sind jedoch höchst ambivalent und werden durch verschiedene Erzählstrategien parodiert. Darüber hinaus zeichnen die Romane ein schonungsloses Bild extraktivistischer Naturaneignung und deren Konsequenzen für die lokale und indigene Bevölkerung. Im Seminar beschäftigen wir uns intensiv mit drei zentralen Werken der „novela de la selva”: Neben Riveras „La vorágine” (1924), lesen wir gemeinsam Rómulo Gallegos „Canaima” (1935) und Alejo Carpentiers „Los pasos perdidos” (1953) und diskutieren diese lateinamerikanischen Klassiker aus ökokritischer, feministischer und post- bzw. dekolonialer Perspektive. Wo werden koloniale Topoi und rassistische Clichés reproduziert, wo unterlaufen? Inwiefern werden Naturräume in den Romanen vergeschlechtlicht dargestellt? Und welche Bedeutung haben die Werke heute angesichts der fortwährenden Zerstörung des südamerikanischen Regenwalds?
Testat: Referat
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