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Foto: Matthias Friel
WEGEN DER JÜDISCHEN FEIERTAGE BEGINNT DIE LEHRVERANSTALTUNG ERST AM 28.10.2019. Die LV findet im Raum 1.02.2.01 statt.
Der Monotheismus hat eine schlechte Presse. Seine Sünde steckt schon in der Vorsilbe mono-. Monotheismus klingt monoton – Nietzsche machte daraus den „Monotono-theismus” - monochrom, monologisch, monolithisch. Das Heil wird dagegen in der Vorsilbe „poly-” gesucht. Auf derartige Plausibilitäten bauen Jan Assmann, der vorjährige Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, und Konsorten, ihre Monotheismuskritik auf. Aber die moderne Bibel- und Quranforschung zeigt ein völlig anderes Bild. Nicht Monodie, „Polyphonie” ist hier das Schlagwort. Erich Zenger schreibt in seiner „Einleitung in das Alte Testament”: „Die Polyphonie des Ersten Testaments ist von seinen ‚Arrangeuren‘ erkannt und als solche akzeptiert worden.” Zenger verallgemeinert seine Sicht des alttestamentlichen Kanons als Polyphonie auf die zweigeteilte Bibel. Auch die beiden Testamente sollen als „polyphones, polyloges, aber dennoch zusammenklingendes Ganzes” gehört werden und mit einer „Hermeneutik der kanonischen Dialogizität” (S. 21) erschlossen werden. Warum aus dem Duett AT und NT nicht ein Terzett machen und nicht auch Q hinzuzufügen? Es wäre doch eigentlich wünschenswert, eine Dünndruck-Ausgabe aller drei Heiligen Schriften zu haben mit einer gemeinsamen Randkonkordanz und einem Quellenverzeichnis, damit die drei „Rivalinnen im Streit um die Gotteswahrheit” zwischen zwei Buchdeckeln und tausend hin und herlaufenden Fäden ihren Trialog austragen können. Die Metapher der Polyphonie hat jedenfalls auch in der modernen Quran-Forschung Einzug gehalten. Georges Tamer hat in einem Vortrag an der Katholischen Akademie Bayern den Quran sehr einleuchtend als „ein vielstimmiges Buch” vorgestellt.
Ziel der Lehrveranstaltung ist aber auch eine theologische Lanze für die Vorsilbe –mono zu brechen und zu zeigen, dass „mono-„ und „poly-„ dialektisch zusammengehörige Begriffe sind, dass Monotheismus ein Monopolytheismus war und ist.
Assmann, Jan: Assmann, Jan: Politische Theologie zwischen Ägypten und Israel, München 1992.
Assmann, Jan: Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur, München/Wien 1998.
Assmann, Jan: Die mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus, München 2003.
Die übersetzten Götter. Ein Gespräch mit Elisabetta Colagrossi, in: Zeitschrift für Ideengeschichte XII/4 (Winter 2018), S.75-90.
Krochmalnik, Daniel: Der Gott Israels und die Götter Griechenlands. Zur neuesten Monotheismusdebatte, in: Albert Käuflein, Thomas Macherauch (Hg.), Religion und Gewalt. Die großen Weltreligionen und der Frieden, April 2008, S. 40-58.
Krochmalnik, Daniel: Kain – oder: Über religiöse Gewalt und Judentum: in: S. Grillmayer, E. Müller-Zähringer, J. Rahner (Hg.), Eins im Eifer? Monismus, Monotheismus und Gewalt, Würzburg 2010, S. 43-58.
Krochmalnik, Daniel: Totales Amalgam. Jan Assmann und sein neues Buch „Totale Religion”, in: Herder Korrespondenz. Monatsheft für Gesellschaft und Religion, 71. Jahrgang/ August 2017e, Freiburg, S. 41 – 44.
Marquard, Odo: Lob des Polytheismus. Über Monomythie und Polymythie, in: Abschied vom Prinzipiellen. Philosophische Studien, Stuttgart 1982, S. 91-116.
Sloterdijk, Peter: Zorn und Zeit. Politisch-Psychologischer Versuch, Frankfurt/M 2006.
Sloterdijk, Peter: Gottes Eifer: Vom Kampf der drei Monotheismen (Verlag der Weltreligionen), Ffm., Lpz. 2007
Teilnahmevoraussetzung ist vor allem die Bereitschaft, sich an der Textvor- und nachbereitung zu beteiligen.
Ein qualifizierter Leistungsschein kann durch ein Referat und eine wissenschaftliche Hausarbeit erworben werden.
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