PULS
Foto: Matthias Friel
Kultur als Text, Text als Zeichensystem, Zeichensystem als Semiosphäre, Semiosphäre als Übersetzung, Übersetzung als Grenzüberschreitung, Grenzüberschreitung als Dialog, Dialog als historische Dynamik, historische Dynamik als Gedächtnismechanismus, Gedächtnismechanismus als Kultur – aus der in den 1960er Jahren in Tartu und Moskau begründeten kultursemiotischen Schule sind Begriffe und Konzepte hervorgegangen, welche die Literatur- und Kulturtheorie bis heute wegweisend beeinflussen. Jurij Lotman (1922-1993), der führende Theoretiker der Schule, entwickelte im Dialog mit einem großen Kreis von Kolleg*innen an den Schnittstellen von Semiotik, Strukturalismus, Kybernetik und Informationstheorie eine umfassende Wissenschaftsperspektive, die Literatur, Malerei, Kunst, Musik und Theater ebenso in den Blick nahm wie Natur- und Kulturräume, die Logik kultureller Evolution oder das Verhältnis von Wahnsinn und Vernunft.
Nicht zuletzt aufgrund dieser analytischen Reichweite wurde die Kultursemiotik als einer der wenigen Theorieansätze osteuropäischer Provenienz weit über die raumzeitlichen Grenzen der Sowjetunion hinweg rezipiert, kritisch diskutiert, adaptiert und angewendet.
Die Ringvorlesung beschäftigt sich mit der Etablierung und den Grundlagen der Moskau-Tartuer kultursemiotischen Schule, widmet sich einer kritischen Bestandsaufnahme ihrer Schlüsseltheoreme in die Gegenwart hinein, und stellt aktuelle Lesarten und Weiterentwicklungen zur Diskussion. Dazu sind auch internationale Gäste als Vortragende eingeladen.
2 LP
1 Essay
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