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Foto: Matthias Friel
Die Werke der belarusischen Literaturnobelpreisträgerin Svetlana Aleksievic sind meist Collagen von Interviews. In diesen Interviews sprechen sowjetische und postsowjetische Menschen, für deren durch die Katastrophen des 20. Jahrhunderts geprägte Leben es sonst oft keine Sprache gibt: Seien es die Frauen der Roten Armee in „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“, die Afghanistanveteranen aus den „Zinkjungen“ oder die Überlebenden des Reaktorunglücks in „Tschernobyl“. Dabei stehen ihre Texte im Kontrast zu anderen, zur gleichen Zeit erschienenen Texten, in denen andere fiktionale Formen gewählt werden – und in denen ein anderer Blick zur Sprache kommt, mal heroisierend, mal tragisch, vor allem aber von einer anderen „Wahrheit“ über die beschriebenen Katastrophen ausgehend.
Das Seminar widmet sich den verschiedenen Fragen, die solche Texte aufwerfen: Warum wählt Aleksievic in der späten Sowjetunion diese Form der dokumentarischen Prosa? Was ist ihre Kritik an offiziellen Narrativen – und was sind diese Narrative? Und ist die Literatur von Aleksievic wirklich näher an der Wahrheit als andere Formen des Schreibens?
- Astrouskaya, Tatsiana: Cultural Dissent in Soviet Belarus (1968-1988). Intelligentsia, Samizdat and Nonconformist Discourses, Wiesbaden: Harrassowitz 2019.
- Fedor, Julie et al. (Hg.): War and Memory in Russia, Ukraine and Belarus, New York: Palgrave Macmillan 2017.
- Lewis, Simon: Belarus – Alternative Visions: Nation, Memory and Cosmopolitanism, New York/London: Routledge 2019.
1 Referat (ca. 20 Minuten)
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