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Foto: Matthias Friel
„Der Staat macht den Krieg und der Krieg macht den Staat”. Diese berühmt gewordene These von Charles Tilly rekurriert auf das Militär. Dieses ist Instrument der Politik; andernfalls wäre es kein Militär im eigentlichen Sinne. Zudem gilt: Militär ist Organisation. Ansonsten wäre es kein Militär, zumindest nicht in seiner institutionell festgefügten Gestalt. Mit dieser Einlassung kontrastiert das Diktum des Aurelianus Augustinus: „Was sind also Reiche, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden? Sind doch auch Räuberbanden nichts anderes als kleine Reiche.” Auch irreguläre kollektive Gewalt muss einen Mindestgrad an Organisation aufweisen; ansonsten wäre sie kaum kollektiv ausübbar.
Die Lehrveranstaltung versucht die Zonen zwischen „regulär” und „irregulär” genannten Gewaltphänomenen auszuleuchten. Dazu ist nach der Organisationsförmigkeit der Gewalt in ihren Erscheinungsformen seit der Frühen Neuzeit zu fragen. Mit dem Aufkommen der großen, regulären Heere für die großen Gefechtshandlungen verbindet sich das Phänomen des „kleinen Krieges” als deren Ergänzung. Diese Bezeichnung aus dem 18. Jahrhundert transformierte sich zur Guerilla und zu den Partisanenbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts, wobei sich jeweils sehr unterschiedliche Erscheinungsformen und Akteurskonstellationen ergaben.
Auch die Debatte um die sogenannten „neuen Kriege” in den 1990er Jahren, dem regionalen wie dem transnationalen Terrorismus sowie der „hybriden” Kriege ab dem Frühjahr 2014 stellt sich die Frage nach Organisation der Gewalt erneut, aber auch nach der Begrifflichkeit von (para)militärischer Organisation. Diese soll im Zusammenwirken von Aufbau- und Ablauforganisation sowie im Hinblick auf die jeweilige organisationale Identität von Truppenteilen oder Gewaltgemeinschaften untersucht werden.
Hinweise zur umfangreichen Literatur erfolgen zu Beginn der Veranstaltung. Neben deutsch- und englischsprachiger Literatur sind Kenntnisse der französischen, italienischen, spanischen oder weiterer Sprachen (z.B. russisch) sehr hilfreich.
Zum methodischen Zugang zur Thematik: Rink, Martin, Transferprozesse militärischer Organisation und Institutionen/ Transfer of Military Organizations and Institutions. In: Europäische Geschichte (EGO), hrsg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 29.08.2019, URL: http://ieg-ego.eu/rinkp-2019-de
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