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Foto: Matthias Friel
Haskala ist der hebräische Begriff für die jüdische Aufklärung. Er bezeichnet, wie der Begriff Aufklärung in der deutschen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, einerseits Aufklärung als Zustand, als Tätigkeit und als Epoche, er bezeichnet andererseits auch eine Aufklärungsbewegung, deren Teilnehmer und Aktivitäten. Haskala, die jüdische Aufklärungsbewegung, begann ihr Wirken nach 1770 im Kreis um Moses Mendelssohn in Berlin, wenig später auch in Königsberg, Breslau und anderen preußischen Städten. Sie entwickelte sich gleichzeitig mit der deutschen Spätaufklärung, einige jüdische Aufklärer wie Mendelssohn, Salomon Maimon oder Saul Ascher waren auch in der deutschen Aufklärung sehr aktiv.
Sozialer Ausgangspunkt der jüdischen Aufklärung ist die Auflösung der religiösen, gesellschaftlichen und intellektuellen Absonderung und Selbstabsonderung bei einer stetig steigenden Anzahl von Juden und deren Eintritt in die bürgerliche Gesellschaft, Ökonomie und Bildungssphäre an der Schwelle der Moderne. Ziel der Haskala als Aufklärungsbewegung war die „Aufklärung des Juden” (Lazarus Bendavid, Etwas zur Charackteristick der Juden, Leipzig 1793, 34 u. 40), d. h. aller Juden, durch das Erlernen von Fremdsprachen und den Erwerb profanen Wissens, durch die Beschäftigung mit den Wissenschaften, mit schöner Literatur und Künsten und durch den Erwerb von gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Sitten der christlichen Mehrheitsgesellschaft bis hin zur Mode, zu Konversation und Briefstil. Durch Bildung und ihren Aufweis galt es die Anerkennung der intellektuellen, religiösen und sozialen Gleichwertigkeit von Juden zu erreichen, insbesondere auch der jüdischen aufgeklärten Frauen. Darüber hinaus strebte die Haskala für die benachteiligte und beinahe rechtlose jüdische Minderheit neben der intellektuellen, bildungsbürgerlichen Anerkennung auch die religiöse, politische, juristische, berufliche und gesellschaftliche Gleichstellung in Staat und Gesellschaft an: Emanzipation und Autonomie.
Alexander Altmann, Moses Mendelssohn. A biographical study, London 1973; Marion Aptroot, Andreas Kennecke, Christoph Schulte (Hg.), Isaac Euchel. Der Kulturrevolutionär der jüdischen Aufklärung. Hannover 2010; Mordechai Breuer, Michael Graetz, Deutsch-jüdische Geschichte in der Neuzeit, Bd. I, München 1996; Jacob Katz, Out of the Ghetto. The Social Background of Jewish Emancipation 1770-1870, New York 1978; deutsch: Aus dem Ghetto in die bürgerliche Gesellschaft, Frankfurt/M. 1988; Jacob Katz, Tradition und Krise. Der Weg der jüdischen Gesellschaft in die Moderne, München 2002; Shmuel Feiner, David Sorkin (Hg.), New Perspectives on the Haskalah, London 2001; Shmuel Feiner, Haskala – Jüdische Aufklärung. Geschichte einer kulturellen Revolution, Hildesheim 2007; Steven M. Lowenstein, The Berlin Jewish Community - Enlightenment, Familiy and Crisis, Oxford 1994; Natalie Naimark-Goldberg, Jewish Women in Enlightenment Berlin, Oxford/Portland 2013; Moshe Pelli, The Age of Haskalah. Studies in Hebrew Literature of the Enlightenment in Germany, Leiden 1979; Tobias Schenk, Wegbereiter der Emanzipation? Studien zur Judenpolitik des „Aufgeklärten Absolutismus“ in Preußen (1763-1812) (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 39), Berlin 2010; Christoph Schulte, Die jüdische Aufklärung. Philosophie, Religion, Geschichte, München 2002; David Sorkin, The Transformation of German Jewry 1780-1840, Oxford 1987; www.haskala.net
Klausur (45 bzw. 90 min) in der letzten Sitzung der Vorlesungszeit.
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