PULS
Foto: Matthias Friel
‚Realismus‘macht wieder von sich reden: Allen Unkenrufen von seinem Tod zumTrotz lässt sich gegenwärtig wieder ein verstärktes Interesse anebenso realistischen wie dokumentarischen Kunstpraktiken feststellen– besonders in Fotografie und Videokunst wie auch in Literatur,Theater und Film. Dabei werden sowohl epistemologische als auchästhetische Aspekte dieses traditionsreichen wie umstrittenenBegriffs in der theoretischen Reflexion und in der künstlerischenPraxis erneut verhandelt. Sei es als Antwort auf die „Agonie desRealen“ (Baudrillard) in den medialen Simulakra, sei es alsReaktion auf die semiotische Verwandlung der Welt in Text und auf dieSelbstverständlichkeit des konstruktivistischen Wissensparadigmas –die Hinwendung zum Faktischen der Realität (als Effekt sozialer,medialer und politischer Praxis) wie auch zur Faktizität des sichder kulturellen Semiose entziehenden Realen (als Einbruch desNichtvorhersehbaren, Widerspenstigen, Traumatischen) erscheint alsAusdruck eines neuen „Hungers nach Wirklichkeit“.
ImMittelpunkt des Seminars steht die Diskussion jenes ‚neuenRealismus‘ in der (nicht nur) osteuropäischen Gegenwartskunst und-literatur, der allerdings mit dem ‚klassischen‘ realistischenRepräsentationsmodell des 19. Jahrhundert wenig gemeinsam hat.Dieser bildet aber den Ausgangspunkt für die Betrachtung des sichimmer wieder erneuernden Anspruch der Kunst, eine besondere Nähe zumWirklichen herzustellen. Wir sprechen über verschiedene Variantendes Realismus (kritisch, sozialistisch, magisch, traumatisch etc.)und über die heutige Allianz dokumentarischer Kunstpraktiken mit derphilosophischen Reflexion eines ‚neuen Realismus‘ nach derPostmoderne. Das Anschauungsmaterial kommt aus dem Bereich derLiteratur und Kunst wie auch des Film und Theaters.
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