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Foto: Matthias Friel
Sozialwissenschaftler interessieren sich bisweilen für die Lebensverhältnisse sog. "versteckter" Populationen. Hierunter versteht man Teilpopulationen einer Bevölkerung für die kein Auswahlrahmen (Sampling Frame) existiert und bei denen die Veröffentlichung der Zugehörigkeit zu der jeweiligen Teilpopulation betrohlich erscheint. Typische Beispiele für solche versteckten Populationen sind Drogensüchtige, Wohnsitzlose, HIV Infizierte, Pädophile, Illegal Zugewanderte, etc.
Datenerhebungen an versteckten Populationen stellen Sozialwissenschaftler vor große Herausforderungen. Die übliche Herangehensweise einer standardisierten Befragung von einer Wahrscheinlichkeitsstichprobe der angestrebten Grundgesamtheit ist im Falle versteckter Populationen praktisch ausgeschlossen. In den Sozialwissenschaften wurde jedoch eine Reihe von Verfahren entwickelt mit deren Hilfe valide Beschreibungen versteckter Populationen dennoch möglich sind. Das Seminar behandelt diese Methoden. Im Mittelpunkt des Seminar steht dabei die Vorbereitung einer Datenerhebung von "informell in der häuslichen Pflege beschäftigen Personen", welches Teil eines Lena Hipp (WZB) und von mir selbst bewilligten Forschungsprojektes ist.
Das Seminar behandelt zunächst die üblichen Stichprobenverfahren für Wahrscheinlichkeitsstichproben und erläutert deren Eigenschaften ("Klumpung", "Schichtung", "Disproportionalität") sowie andere wichtige Begriffe der Stichprobentheorie (Design-Effekte, Design-Gewichte). Im Anschluss daran werden drei spezielle Verfahren für Stichproben von versteckten Populationen besprochen (Target Sampling, Key Informant Sampling, Chain Referral Samples), wobei dem sog. "Respondent Driven Sampling" (Heckathorn 1997) besonders vertieft wird. Zum Abschuss des Seminars werden Fragetechniken für sensitive Fragen behandelt ("Randomized Response Techniques", "Crosswise Model", "Item Sum Technique").
Die Teilnehmer des Seminars können sich nach Abschluss des Semesters um eine Stelle als studentische Hilfkraft im Forschungsprojekt "Wer kümmert sich um Oma? Eine Empirische Erprobung des Respondent-Driven Sampling am Beispiel der (informellen) Beschäftigung in der häuslichen Pflege" bewerben. Eine parallele Teilnahme an der Lehrveranstaltung "Bezahlte und unbezahlte Fürsorgearbeit" von Lina Hipp wird empfohlen, ist aber keine Teilnahmevorraussetzung.
Heckathorn, D. (1997): Respondent-Driven Sampling: A New Approach to the Study of Hidden Populations. Social Problems 44(2)174-199.
Höglinger, M.; Jann, B. & Diekmann, A. (2016): Sensitive Questions in Online Surveys: An Experimental Evaluation of Different Implementations of the Randomized Response Technique and the Crosswise Model. Survey Research Methods, 10(3), 171--187
Kohler, U. (2006): Schätzer für komplexe Stichprobe. S. 307-318 in Behnke, J., Gschwend, T., Schindler, D. & Schnapp, K.-U. (Eds.) Empirische Methoden der Politikwissenschaft. Neuere qualitative und quantitative Analyseverfahren. Freiburg: Nomos.
Die Vorlesung "Applied Regression Analysis Using Stata" sollte bestanden sein.
Zum Bestehen: Regelmäßige Hausaufgaben
Zum Abschluss des Moduls: Seminararbeit
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