PULS
Foto: Matthias Friel
Der Kurs fragt nach musikalischen Neuansätzen in einer von tiefen Widersprüchen gekennzeichneten Zeit. Kunst spiegelt die Phase von Reformation, Gegenreformation zur Aufklärung wider - zwischen existenziellen Ängsten nach Seuchen, religiöser Verfolgung und Dreißigjährigem Krieg einerseits und absolutistischer Prachtentfaltung andererseits. Von allem zu viel, üppige, überbordende Kirchenausstattung verbindet sich mit dem barocken Stil, aber auch mit dem satirischen Roman „Der Abenteuerliche Simplizissimus Teutsch” (1669) von Grimmelshausen. Musiker sind Capellbediente, Leibeigene, der Stolz ihrer Gönner oder im Streit mit ihnen. Bach, Händel, Telemann, Purcell, Vivaldi, Corelli, Scarlatti, Rameau - die Liste der Komponisten polyphoner Werke von welthistorischer Bedeutung ist ebenso lang wie die der barocken Architekten und Maler. Was macht diese Epoche aus und wie kündigen sich Umbrüche zur Aufklärung an, neue Klangideale und Kompositionsverfahren? Neuansätzen zwischen Barock und Klassik entstehen in der Hofkapell-Musik in Dresden, Preußen und Mannheim. Eine eigenständige Phase – die Vorklassik - eröffnet unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten und bereitet die Fibel der Klassiker vor. Die Rheinsberger Hofkapelle, die Berliner Hofoper und Konzerte in Potsdam-Sanssouci stehen im Fokus dieser Veränderungen, die im Umfeld von Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Joachim Quantz, den Brüdern Franz und Johann Georg Benda oder den Brüdern Carl Heinrich und Johann Gottlieb Graun stattfinden. Ihre Kompositionen und Schriften ermöglichen aufführungspraktische Hinweise zum alten Klang und seiner Lebendigkeit – spannend und auch umstritten bis heute.
Leistungsanforderungen
1.24.4.20 Typisch barock! Matthäuspassion in Leipzig (1727), Berliner Stadtschloss (1699-1706), das Deckenfresko im barocken Herkulessaal des Gartenpalais Liechtenstein in Wien von Andrea Pozzo aus Trient „Taten des Herkules und seine Apotheose” (1704-1708) - Annäherung an eine alte Zeit und ihre Klangwelt im Raum, auf spezifischen Instrumenten, in polyphoner SatzstrukturPower Point Präsentation (PPP) zur Einführung2. 8.5.20 Gattungsvielfalt, Themenvielfalt, Klangvielfalt Concerto grosso, Kantate, Oratorium, Suite, Fuge, Sonate, Pasticci /”Carpe diem”, ”Memento mori”/Alte Instrumente, Generalbass und typische BesetzungenAufgaben:Erläuterung zur Spezifik einer GattungVorstellung einzelner Instrumente mit Bild und kurzem KlangbeispielAffektenlehreMusik und Raum3.15.5.20 Die sechs Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian BachPPP mit Klangbeispielen zur AufführungspraxisAufgaben: Besonderheiten des 6. KonzertesInterpretationsvergleich auf alten und neuen Instrumenten4. 22.5.20 Vom Stadtpfeifer zum Hofmusiker der VorklassikMusiker der Dresdner Hofkapelle von August dem Starken wechseln nach Ruppin, Rheinsberg und Berlin, bereit zum Experiment bei einem jungen, Flöte spielenden Prinzen PPP zur Einführung in die VorklassikAufgaben:Ausbildung zum StadtpfeiferFunktionen der StadtpfeiferKapellbesetzungenFunktion der HofkapelleIdeen der Aufklärung bei Voltaire, Briefwechsel Rheinsberg5. 29.5.20 Conclusio: Forschungsthemen, Vergleiche, Weiterentwicklungen6.5.6.20 Ein „Komponist” wird KönigMusikalische Möglichkeiten in Berlin und Potsdam zwischen Absolutismus und Aufklärung -„Ich bin Komponist geworden und habe soeben mein zweites Konzert vollendet. Es ist ganz leidlich.” (Brief Friedrichs an Wilhelmine von Bayreuth vom 8. Dezember 1732)PPP Friedrich II. als MusikerAufgabenVirtueller Rundgang durch Schloss Sanssouci in PotsdamMusiker der Hofkapelle als KomponistenBeschreibungen zum Musikgeschmack und zur Aufführungspraxis in den Jugendbriefen der Geschwister, Friedrich der Große und Wilhelmine von Bayreuth 1728-1740Der vermischte Stil - italienischer und französischer „Stil” in der Diskussion bei Johann Georg Pisendel, Johann Joachim Quantz und Carl Philipp Emanuel Bach . 7.12.6.20 NotenurtextausgabeNur ein Drittel des Gesamtwerkes von Quantz ist bekannt, zahlreiche Kompositionen der Hofmusiker werden erst heute wiederentdeckt. Am Beispiel von Notenhandschriften werden editorische Probleme der Urtext-Herausgabe untersucht und aufführungspraktische Möglichkeiten mit historischen Instrumenten erörtert.Aufgaben:Computer-Abschrift eines Satzes (Kammermusikbesetzung) aus einer historischen KopieInterpretation eines aufführungspraktischen Aspekts aus einem Lehrwerk Leopold Mozart Carl Philipp Emanuel Bach Johann Joachim Quantz Tosi/Agricola Muzio Clementi8.19.6.20 Opern von Attilio Ariosti bei Sophie Charlotte, Hasse und Graun an der Königlichen Oper in BerlinPPP zur Entstehung des Opernbetriebes in Berlin Aufgaben:Virtueller Rundgang durch Schloss Charlottenhof Berlin Virtueller Rundgang durch die Staatsoper Unter den Linden, ehemalige Königliche OperHasse und Händel – musikalische Gründe der RivalitätVon der Arie zur Opernszene – Hasses „Die kluge Bäuerin”Montezuma von Carl Heinrich Graun – Stoff, Opernform, Charakter einer ArieAgricola bei Friedrich II.Francesco Algarottis – Aufklärung im Theater9.26.6.20 „Für Kenner und Liebhaber” Die Sechs Sammlungen von Sonaten, freien Fantasien und Rondos von Carl Philipp Emanuel Bach (Berlin/Potsdam/Hamburg)Aufgaben:Analyse einer ausgewählten Komposition Bedeutung Bachs für die Klassik – Überlieferungen:Joseph Haydn:„ Wer mich gründlich kennt, der muss finden, dass ich dem Emanuel Bach sehr vieles verdanke, dass ich ihn verstanden und fleißig studiert habe.” Wolfgang Amadeus Mozart: „Er (Emanuel Bach) ist der Vater; wir sind die Bubn. Wer von uns was Rechts kann, hats von ihm gelernt.” Ludwig Van Beethoven: „Von Emanuel Bachs Klavierwerken habe ich nur einige Sachen, und doch müssen einige jedem wahren Künstler gewiss nicht allein zum hohen Genuss, sondern auch zum Studium dienen.” (vgl. Otto Vrieslander: Philipp Emanuel Bach, München1922, Vorwort S. VII.) 10. 3.7.20 Rückblick: „´s is Berlinerblau! s`verschießt”Thema und erste Improvisation zum „Musikalischen Opfer” von Johann Sebastian Bach im Stadtschloss Potsdam, heute Landtag BrandenburgAufgaben:Intervall-Analyse des „Königlichen Themas”Analyse einer ausgewählten Verarbeitung unter dem Aspekt der bereits fortgeschrittenen Vorklassik 11.10.7.20 „...so erregte Mannheim die Bewunderung der Welt durch Mannigfähigkeit” (Christian Friedrich Daniel Schubart)Johann Stamitz und die Mannheimer Schule – neu oder alles schon daAufgaben:Die Mannheimer Schule in der Reflexion ihrer Zeitgenossen (Schubart, Burney u.a.)12. 10.7.20 Mozart und KlassikSeine frühen Sinfonien von 1771 und sein Aufenthalt in Mannheim 1777/78Aufgaben:Aufführungspraxis und InterpretationsvergleichKompositionen der Vorklassik auf historischen Instrumenten – die Vor- und Nachteile13. 17.7.20 Conclusio: Forschungsthemen, Vergleiche, Weiterentwicklungen
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