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Foto: Matthias Friel

Otherness: Andersartigkeit in der mittelalterlichen Literatur - Einzelansicht

Veranstaltungsart Seminar Veranstaltungsnummer
SWS 2 Semester WiSe 2020/21
Einrichtung Institut für Germanistik   Sprache deutsch
Weitere Links Kommentar
Belegungsfrist 19.10.2020 - 30.11.2020

Belegung über PULS
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    Tag Zeit Rhythmus Dauer Raum Lehrperson Ausfall-/Ausweichtermine Max. Teilnehmer/-innen
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Seminar Di 14:00 bis 16:00 wöchentlich 03.11.2020 bis 08.12.2020  1.09.1.12     30
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Seminar Di 14:00 bis 16:00 wöchentlich 15.12.2020 bis 09.02.2021  Online.Veranstaltung   22.12.2020: Akademische Weihnachtsferien
29.12.2020: Akademische Weihnachtsferien
30
Kommentar

Bitte beachten Sie, dass bei Präsenzveranstaltungen die Hygienebestimmungen eingehalten werden müssen. Um einen angemessenen Sicherheitsabstand zu gewährleisten, stehen in diesem Semester deutlich weniger Plätze in den Räumen zur Verfügung als gewöhnlich. Deshalb kann es kurzfristig zu Raumwechseln oder zu reglementierten Zulassungen kommen. Bitte erscheinen Sie nicht bei einer Lehrveranstaltung, wenn sie nicht zugelassen wurden.

 

Für weitere Informationen zum Kommentar, zur Literatur und zum Leistungsnachweis klicken Sie bitte oben auf den Link "Kommentar".

„von den seltsænen liuten“ (HE, V. 2880) spricht der Erzähler, als er das Aufeinandertreffen von Herzog Ernst mit den Einwohnern von Grippa beschreibt. Die seltsamen Leute, das sind Wesen, die von den Füßen bis zum Hals, höfisch gekleidet, den deutschen Adligen gleichen, ab dem unmenschlich langen Hals aufwärts aber einen Kranichkopf besitzen. Der ‚Herzog Ernst‘ ist nicht der einzige Text des Mittelalters, in dem von derartigen Begegnungen erzählt wird. Immer wieder treten Ritter und Adelsfrauen in Kontakt mit Wesen, die wundern lassen – der in frisch abgezogene Häute gehüllte Waldmensch im Iwein –, die Erstaunen erzeugen – die amazonengleiche Camilla im Eneasroman–, die Unheil auslösen – Frauen mit Eberzähnen, die Artusritter verfluchen – oder Abscheu hervorrufen wie zornige Riesen, die einem Ritter die Haut vom Rücken peitschen. Unter dem Leitbegriff ‚Otherness‘ wird im Seminar danach gefragt werden, welche Differenzkategorien in mittelalterlichen Texten sichtbar werden und welche in Erzählungen durch Erzählerkommentare, Figurenzeichnung, Handlungsmotivationen, Figurenwahrnehmung fruchtbar gemacht werden. ‚Otherness‘ kann hierbei auch mit den Begriffen ‚Andersartigkeit‘ oder ‚Fremdartigkeit‘ umschrieben werden. Es handelt sich um eine Wahrnehmungskategorie: etwas – nicht man selbst, nicht etwas, das man kennt oder das ‚dazugehört‘– ist für den Betrachter ‚andersartig‘. Hierzu gehören Merkmale wie etwa Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Stand, Alter, Nationalität, Herkunft, Rechtsstatus, Ansehen in der Gesellschaft oder Bildung. Zugleich ist ‚Andersartigkeit‘ auch eine Systemkategorie, insofern ein Individuum wie auch ein Kollektiv oder eine Gesellschaft sich selbst u. a. über Unterscheidung gegenüber dem ‚Anderen‘ bzw. den ‚Anderen‘ bestimmt. Typische Randfiguren oder sogar Ausgegrenzte der mittelalterlichen Gesellschaft wären etwa Nicht-Christen, Kriminelle, Henker, Prostituierte oder Leprakranke. ‚Andersartigkeit‘ ist zumeist aus philosophischer oder soziologischer Perspektive beschrieben worden, sodass zu Beginn des Seminars eine Auseinandersetzung mit grundlegenden Beiträgen von Alteritäts- und Intersektionalitätsforschern stattfinden wird. Zielpunkt ist jedoch stets der mittelhochdeutsche Text und seine Interpretation unter dem Leitbegriff der ‚Andersartigkeit‘. Wie ist ‚Otherness‘ in mittelalterlichen Erzähltexten eingeschrieben, dargestellt, erzählerisch fruchtbar oder sogar reflektiert worden? Hierbei ist es unumgänglich sich erstens der Alterität des Mittelalters, gemeint ist die generelle, also u. a. zeitlich, kulturell und sprachlich bedingte Andersartigkeit bewusst zu werden und zweitens die von unseren heutigen Differenzkategorien und –kriterien abweichenden Wahrnehmung und Darstellung von ‚Andersartigkeit‘ zu reflektieren. Ziel des Seminars ist es, aufgrund der Basis intensiver Lektüre und des eigenen Textverständnisses Interpretationsansätze unter dem Leitbegriff ‚Otherness‘ zu erarbeiten und in der gemeinsamen Diskussion auch den Umgang mit aktuellen Forschungspositionen zu erproben. Im Mittelpunkt des Seminars stehen ausgewählte Texte und Textauszüge, ein Reader mit Textauszügen und Forschungsbeiträgen wird per moodle bereitgestellt.

Literatur Wer sich vor Seminarbeginn bereits mit ‚Randwesen‘ und einigen der oben genannten Begegnungen vertraut machen möchte, sei auf folgendes Material verwiesen:
1. Die Ebsdorfer Weltkarte, eine mittelalterliche Weltdarstellung mit ‚Monstern‘ am Rand:
http://mediaewiki.de/w/images/3/39/Ebstorfer-stich2.jpg
2. Camilla im Eneasroman von Heinrich von Veldeke:
V. 5142–5292, V. 8964–9027, V. 9064–9131, V. 9283–9574 in:
Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Hrsg., Übers., Komm. und Nachw. von Dieter Kartschoke. Stuttgart 1997 (RUB 8303).
3. Cundrie, die mißgestaltete Gralsbotin im Parzival von Wolfram von Eschenbach:
Buch VI: 312,2–319,20 und Buch X: 517,11–519,2 in:
Wolfram von Eschenbach: Parzival. Text und Übersetzung. Mittelhochdeutscher Text: Studienausgabe. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzt von Peter Knecht. 2. Auflage. New York / Berlin 2003.
4. Die merkwürdig gestalteten Wesen im Orient, die Herzog Ernst antrifft:
V. 2177–3882 und V. 4891–6020 in: Herzog Ernst. Ein mittelalterliches Abenteuerbuch. In der mittelhochdeutschen Fassung B nach der Ausgabe von Karl Bartsch mit den Bruchstücken der Fassung A herausgegeben, übersetzt, mit Anmerkungen und einem Nachwort ersehen von Bernhard Sowinski. Stuttgart 2003 (RUB 8352), S. 124–219, 274–337.

Bitte beachten Sie: Voraussetzung für den Besuch des Seminars ist die erfolgreiche Teilnahme am Seminar ‚Einführung in Literatur und Sprache des Mittelalters‘. Erste Kenntnisse des Mittelhochdeutschen und die Kompetenz, deutsche Literatur des Mittelalters lesen, verstehen und wissenschaftlich beschreiben zu können, wird erwartet.
Leistungsnachweis 2 LP (unbenotet): die Übernahme einer Ko-Moderation (MA LA 2013)
3 LP (unbenotet): die Übernahme einer Ko-Moderation und Ergebnissicherung in einem Podcast (MA LA 2011 / MA LA 2013 - nur: Sek. II: VM – LW II / MA GER 2016)
2 LP: Hausarbeit (K) (MA LA 2011 – nur: Sek. I)
3 LP: Hausarbeit (K) oder Prüfungsgespräch (P) (MA GER 2016 / MA LA 2013 – VM Sek. I und Sek. II) / Hausarbeit (K) (MA LA 2013 – nur: Sek. II: VM – LW II)
4 LP: Hausarbeit (K) oder Prüfungsgespräch (P) (MA LA 2011 – nur: Sek. II)

Studienordnungen 2020:
2 LP (unbenotet): die Übernahme einer Ko-Moderation (MA LA 2020)
3 LP (unbenotet): die Übernahme einer Ko-Moderation und Ergebnissicherung in einem Podcast (MA LA 2020 – nur: Sek. II)
4 LP: die Übernahme einer Ko-Moderation und Ergebnissicherung in einem Podcast + Hausarbeit (10 Seiten) oder Prüfungsgespräch (LV) (MA LA 2020)
5 LP (unbenotet): die Übernahme einer Ko-Moderation, Ergebnissicherung in einem Podcast und die Übernahme eines Protokolls (MA GER 2020)
3 LP: Hausarbeit (K) (MA LA 2020 – nur: Sek. II)
5 LP: Hausarbeit (K) (MA GER 2020)

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Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester WiSe 2020/21 , Aktuelles Semester: SoSe 2024