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Foto: Matthias Friel
Im Zuge erweiterter europäischer Kolonialambitionen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in Ostasien gerieten Ende des Jahrhunderts weite Teile Südostasiens, welche heute den Staaten Laos, Vietnam und Kambodscha zuzurechnen sind, unter französische Herrschaft.
Neben kolonialer Unterdrückung und Ausbeutung dieser Regionen im Interesse des französischen Empire, führte diese Epoche auch zu einem regen, aber asymmetrischen, da von den französischen Kolonialherren dominierten, Austausch von Kultur und Sprache.
Auch die Literaturgeschichte blieb davon nicht unbetroffen und weist neben 'französischen' Autor*innen wie Marguerite Duras, welche in unmittelbar biographischem Zusammenhang mit den von Frankreich kontrollierten und besetzten Regionen stehen und über sie schrieben, einige herausragende Schriftsteller*innen mit vietnamesischem, kambodschanischem und laotischem Hintergrund auf, welche ihre Texte in und außerhalb dieser Länder, in Frankreich und andernorts in französischer Sprache verfassten.
Dieses wenig erforschte Schreiben allein mit dem längst umstrittenen Begriff einer 'frankophonen' Literatur abzuhandeln, würde der Vielfalt an Stimmen und Erfahrungswelten sowie der souveränen Verwendung des Französischen als Literatursprache nicht gerecht werden, welche zu einer noch zu schreibenden globalen und dezentralen französischen Literaturgeschichte beitragen könnte.
Wir werden uns im Zuge des Seminars mit einigen Vertreter*innen einer Literatur zuwenden, welche nicht allein in Südostasien entstanden ist, sondern als Literatur ohne festen Wohnsitz (Ette) historisch direkt oder indirekt auf die Zeit eines zwar asymmetrisch-hierarchisierten Kulturaustauschs zwischen Frankreich und Südostasien im Zuge von europäischem Kolonialismus und Imperialismus zurückzuführen ist, nichtsdestotrotz aber ein lebendiges globales Schreiben jenseits dieser Machtbeziehungen erfahrbar macht.
Von Autor*innen des 19. Jahrhunderts wie Truong-Vinh-Ky führt uns ein Parcours über das 20. Jahrhundert mit Namen wie Rim Kin und Pierre Somchine Nginn hin zu Schrifsteller*innen und Dichter*innen der Gegenwart wie Anna Moï, welche die französische Sprache nicht allein als Erbe kolonialer Unterdrückung südostasiatischer Kulturen, sondern als genuines und souverän gebrauchtes Medium und Ausdrucksmittel gebrauchten und gebrauchen.
Zur einführenden Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen des französischen Kolonialismus in der Indochine française aus politik- und literaturgeschichtlicher Perspektive:
Dominique Barjot et Jean-François Klein (dir.): De l'Indochine coloniale au Viêt Nam contemporain. Paris: Ed° Magellan-Académie des Sciences d’Outre-Mer 2017.
David Chandler: A History of Cambodia. Boulder, Colorado: Westview Press 2007.
Vatthana Pholsena: Laos : Un pays en mutation. Paris, Berlin: La Documentation française 2011.
Henri Copin: L'Indochine dans la littérature française, des années vingt à 1954 – Exotisme et altérité. Paris: L'Harmattan 1996.
Französisch Lesekenntnisse auf mittlerem Niveau wären wünschenswert.
Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Bestehen des Kurses:
Regelmäßiges Beantworten der auf Moodle online gestellten Arbeitsaufgaben oder Vorbereitung eines Referates
Bei mehr als 3 LP:
Verfassen einer Seminararbeit von ca. 12 Seiten
Liebe Kursteilnehmer*innen,
aufgrund der nach wie vor angespannten Covid-Lage ist die Präsenzlehre nicht möglich. In der Hoffnung, dass dies bald wieder der Fall ist, wird das Seminar bis dahin online auf folgende Weise durchgeführt:
Ich werde Ihnen jede Woche Primär- und Sekundärtexte mit genauen Lektüreanweisungen online stellen. Zusätzlich zu diesen Texten erhalten Sie sich auf letztere beziehende Aufgaben, die von Ihnen zu beantworten und in Form ein- bis zweiseitiger Papers alle zwei Wochen einzureichen sind. Alternativ besteht die Möglichkeit, ein Referat vorzubereiten und im Kurs zu präsentieren. Fragen bezüglich der Thematik, über die Sie sich bitte im Vorfeld Gedanken machen, werden wir dann gemeinsam per Zoom-Sitzung diskutieren.
Teilnehmer*innen, die mehr als 3 LP benötigen, reichen bis Ende des Semesters eine 12seitige Hausarbeit über ein Seminarthema ein, das wir online absprechen können.
Ich wünsche Ihnen einen guten Semesterstart und vor allem Gesundheit!
Ihr Markus Lenz
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