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Foto: Matthias Friel
Leben und Literatur sind bei Karoline von Günderrode nicht zu trennen. Nach unglücklich verlaufenden Beziehungen entschließt sie sich mit nur 26 Jahren zu einer radikalen Tat und beendet mit einem Dolchstoß ihr Leben. Ihr häufig als Inbegriff des romantischen Liebestods geltender Suizid hat zu vielfältigen Deutungen Anlass gegeben, hat sie sich mit diesem Entschluss schließlich nicht nur aus der emotionalen Überspannung durch eine wechselhafte und letztlich scheiternde Beziehung gelöst, sondern sich auch aus dem lebensbestimmenden Konflikt zwischen ihrer dichterischen Ambition und der gesellschaftlichen Erwartungshaltung, ein sozial konformes Eheleben führen zu müssen, befreit – indem sie ihren Selbstmord zum etwa Shakespeares Othello nachempfundenen literarischen Denkmal überhöht und ein letztes Mal Literatur und Leben miteinander verbunden hat. Sie starb einen literarisierten Tod, sie starb für den Wunsch, das Leben zu einem poetischen Traum umzugestalten, in dem sie in der unbedingten Selbstverwirklichung durch die eigene Kunst aufgehen könnte, mit der sie sich vor den seelischen Beschädigungen durch die ungenügende Lebensrealität einer heimatlosen Frankfurter Stiftsdame zu schützen versuchte und, in ihren eigenen Worten, ihr Leben in einer dauerhaften Form auszusprechen beabsichtigte.
Es verwundert nicht, dass Günderrodes Selbstmord lange das Interesse an ihrem literarischen Werk überschattet hat, in dem hauptsächlich Anzeichen einer obsessiven Todessehnsucht der Verfasserin gesucht wurden. Im Seminar hingegen soll das oft realitätsentrückte und daher fremdartige, wegen seiner sprachlichen Schönheit aber auch bis zu Stefan George, Johannes Bobrowski und Christa Wolf wirkende Werk in seiner komplexen Eigenart bestimmt und literatur- und rezeptionsgeschichtlich kontextualisiert werden. Denn wie Kleist, Hölderlin oder Jean Paul ist Karoline von Günderrode weder eindeutig der Romantik noch der Klassik zuzuordnen, hat die Literatur beider Strömungen aber ebenso eingehend rezipiert wie die Philosophie des deutschen Idealismus und des Neuplatonismus, ohne die ihr literarisches Schaffen nicht zu verstehen ist, in dem nicht nur Leben und Literatur miteinander verwoben, sondern auch Poesie und Philosophie miteinander vereint werden. Außerdem soll der sozialhistorische Kontext einer schreibenden Frau in der Zeit um 1800 berücksichtigt werden, der entscheidenden Einfluss auf das tragische Ende von Günderrodes Leben hatte.
Im Wintersemester 2022/23 legt der Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur/Frühe Neuzeit (Prof. Dr. Stefanie Stockhorst) einen Themenschwerpunkt auf Dichterinnen bzw. weibliche Stimmen in der deutschsprachigen Literatur. Dabei wird eine Reihe von Bachelor- und Masterkursen zu Dichterinnen der Frühen Neuzeit angeboten. Außerdem sollen im Januar Gastdozierende auch Einblicke in die Schreibsituationen und die Dichtung anderer Autorinnen von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart geben. Die einzelnen Gastseminare werden über die Homepage des Lehrstuhls für Neuere deutsche Literatur/Frühe Neuzeit (Prof. Dr. Stefanie Stockhorst) angekündigt. Bei Interesse oder Fragen richten Sie sich bitte an: sotirios.agrofylax@uni-potsdam.de.
Prüfungsversion 2014:
LA Deutsch:
3 LP (unbenotet): Referat
BA Germanistik:
3 LP/Modulprüfung: Hausarbeit (K) oder Prüfungsgespräch (P)
Prüfungsversion 2020 (einschließlich Förderpädagogik Deutsch):
6 LP: Referat + Hausarbeit (15 Seiten) oder Prüfungsgespräch, 30 Min. (LV)
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