PULS
Foto: Matthias Friel
1772 hatte Isachar Falkensohn Behr seine ‚Gedichte von einem polnischen Juden‘ im Druck erscheinen lassen. Das Büchlein gilt in der Literaturwissenschaft als der Beginn der belletristischen deutsch-jüdischen Literatur, denn erstmals publizierte hier ein Jude Gedichte in der deutschen Sprache. Diese Datierung auf das Jahr 1772 stimmt aber nur für die deutsch-jüdische Literatur von Männern. Die deutsch-jüdische Literatur von Frauen beginnt mit Esther Gad aus Breslau. Sie ist historisch die erste Jüdin in Mitteleuropa, die ihre eigenen Texte unter ihrem eigenen Namen erscheinen sieht. Das war 1790. Später hat Esther Gad in Breslau an den Aktivitäten der Haskala, der jüdischen Aufklärung, teilgenommen und dann 1798 eine berühmte Polemik für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Wissenschaften und Künsten gegen den Aufklärungspädagogen Campe publiziert. Diese machte Gad zur ersten jüdischen Frauenrechtlerin in Europa. Gad war Salonière und Reiseschriftstellerin, lebte ab 1802 meist in London und schrieb auch in englischer Sprache. Das Seminar ist der Lektüre sowie der kultur- und literaturwissenschaftlichen Analyse ihrer Lyrik, Prosa und Briefe gewidmet.
Die Texte von Esther Gad werden digitalisiert zur Verfügung gestellt.
Deborah Hertz: Die jüdischen Salons im alten Berlin 1780-1806. München 1995; Karen Rudert: Die Wiederentdeckung einer „deutschen Wollstonecraft“: Esther Gad Bernard Domeier für Gleichberechtigung der Frauen und Juden, in: Quaderni dell’Università degli studi di Lecce 10 (1988), S. 213-264; Barbara Hahn: Unter falschem Namen. Von der schwierigen Autorschaft der Frauen. Frankfurt/M. 1991; zu Esther Gad bes. S. 36-46; Monika Meyer: Lucie Domeier geb. Esther Gad (1770(?) – nach 1835). In: Margrid Bircken, Marianne Lüdecke, Helmut Peitsch (Hrsg.): Brüche und Umbrüche. Frauen, Literatur und soziale Bewegungen. Potsdam 2010, S. 43-63; Hannah Lotte Lund: Der Berliner „jüdische Salon“ um 1800. Emanzipation in der Debatte. Berlin 2012; Rahel Levin Varnhagen. Briefwechsel mit Jugendfreundinnen. Hrsg. v. Barbara Hahn unter Mitarbeit von Birgit Bosold und Friederike Wein. Göttingen 2021, Briefwechsel mit Gad S. 329-361; u. Anm. 823-844.
Arbeitsjournal
Regelmäßige Lektüre bereitet die wöchentlichen Sitzungen vor. Jede*r Studierende schreibt zu jedem der im Kurs studierten Texte nach der jeweiligen Sitzung, spätestens jedoch bis zum Semesterende eine selbst verfaßte 1-2seitige Zusammenfassung (bis 3000 Zeichen), die nach Kursende und spätestens bis zum Ende des Semesters (30.9.) überarbeitet und gesammelt als Arbeitsjournal abzugeben ist. In der Summe dokumentieren diese eigenen Zusammenfassungen aller Texte das im Kurs durch Lektüre, Analyse, Kritik und Diskussionen erworbene Wissen.
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