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Foto: Matthias Friel
Die Göttliche Komödie von Dante Alighieri (1265-1321) ist ein Schlüsselwerk der Weltliteratur. Sie steht in der Tradition der großen Epen von Homer und Vergil, die sie weiterführt und überflügelt. Von Miltons Paradise Lost bis hin zu Goethes Faust und Balzacs Menschlicher Komödie nehmen zahlreiche spätere Werke der Neuzeit von hier ihren Ausgang. Auch das 20. Jahrhundert ist von der Rezeption Dantes geprägt. So ist z.B. seine Darstellung des Inferno eine wichtige Referenzfolie für die Holocaustliteratur. Seit einigen Jahren zeichnet sich eine neue Welle der Begeisterung für Dantes Göttliche Komödie ab. Besonders interessiert das von Dante entwickelte Wertesystem, mit dem der Dichter auf seine Zeit reagiert, die eine solche der moralischen Dekadenz war. Dantes Kritik an seinen Zeitgenossen erscheint uns in vielem erstaunlich aktuell so wie auch das von Dante aufgezeigte anthropologische Verhalten (z.B. die Gier der Menschen nach dem Geld) auch heute nichts von seiner Gültigkeit verloren hat. Näheres vgl. das Interview der Zeitschrift Italiananetwork (Rom) mit Cornelia Klettke vom Mai 2021: http://www.italiannetwork.it/news.aspx?ln=it&id=66024.
Der Dichter Dante stattet sein literarisches Double mit metaphysischer Neugier und seherischen Fähigkeiten aus. Er schafft eine eigene innovative Vision des Jenseits als Pendant zur Wirklichkeit der menschlichen Existenz, d.h. als Leben nach dem Tod. Dieses spielt sich in den drei Jenseitsreichen des Inferno, des Purgatorio und des Paradiso ab. Dante komponiert sein monumentales Werk als Reise seines Double, dem er nacheinander mehrere Initiatoren zugesellt, die ihn jeweils auf einer Wegstrecke begleiten, darunter der Schatten des antiken Dichters Vergil und die zum Ideal erhobene, im realen Leben des Dichters angebetete Frauengestalt Beatrice. Auf seiner phantastischen Reise begegnet die Dante-Figur zahlreichen mythologischen und historischen Figuren, mit denen sie Gespräche führt.
Die Commedia vereinigt in sich das gesamte enzyklopädische Wissen des Mittelalters (Theologie, Philosophie, Naturwissenschaft, Technik, Kosmologie, Mythologie, Politik, Geschichte, Ästhetik) und gilt seither als summa sapientiae ihrer Zeit.
Das geplante Masterseminar findet anlässlich des Dante-Jubiläumsjahres statt. Es widmet sich dem vertieften Studium einer repräsentativen Auswahl von Gesängen aus Inferno, des Purgatorio und des Paradiso. Um den Zugang zum Text zu erleichtern, werden die Gesänge jeweils mit Übertragungen des Textes in die bildende Kunst in Beziehung gesetzt. Die Divina Commedia hat mit ihren anschaulichen Sprachbildern Maler und Zeichner über Jahrhunderte nachhaltig beeinflußt. Bedeutende bildnerische Interpretationen werden herangezogen und im Kontext einer Diskussion der Text-Bild-Relationen diskutiert. Besonders geeignet für den Einstieg ist der Zeichenzyklus von Sandro Botticelli. Die Studien an den Originalzeichnungen Botticellis sollen daher im Zentrum der Untersuchungen stehen.
Zur Vorbereitung:
- Cornelia Klettke (Hg.), Dante e Botticelli. Atti del Convegno internazionale di Potsdam (29.-31. Oktober 2018). Firenze: Franco Cesati Editore, 2021 (Dante visualizzato; Bd. IV).
- Dies., „Die Aneignung der Dichtung durch den Zeichner: Botticellis Commedia-Zyklus als Kommentar in Bildern“, in: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte/Cahiers d’Histoire des Littératures Romanes, 45. Jg., Heft 1/2, 2021, pp. 149-165.
Das Masterseminar bildet den Auftakt eines großen internationalen Kolloquiums Dante e Botticelli, das vom 21.04. bis 23.04.2022 an der Universität Potsdam und im Kupferstichkabinett Preußischer Kulturbesitz in Berlin stattfinden wird.
Siehe entsprechende Studienordnungen.
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